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Finden Sie Ihr persönliches Rezept für Ruhepausen im Alltag!
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Ruhe
Finden Sie Ihr persönliches Rezept für Ruhepausen im Alltag!

Melanie Kluge
Psychologin

Wissen Sie eigentlich, wann, wie und wo Sie gut entspannen können? Was hilft Ihnen dabei, Ruhepausen in Ihren vielleicht oft stressigen Alltag zu integrieren? Neben Job, Kindern, Haushalt und allen anderen Verpflichtungen auch noch Zeit für Pausen schaffen? Jeder Mensch ist anders, doch wir alle brauchen Ruhepausen. Ich möchte Sie gerne dabei unterstützen, Ihr persönliches Rezept für Ruhepausen im Alltag zu finden.

Ruhepausen als fester Bestandteil des Alltags
Manchmal erlauben wir es uns nur im Urlaub oder an Feiertagen, wirklich Pause zu machen, doch es ist für unsere körperliche und psychische Gesundheit fundamental, Ruhepausen in unseren Alltag einzubauen. Eine Ruhepause, ohne die wir überhaupt nicht funktionieren können, ist Schlaf. Zu wenig Schlaf wirkt sich zum Beispiel negativ auf die Stimmung und die Konzentration aus und erhöht das Risiko für viele Krankheiten. Außerdem kann zu wenig Schlaf zu einem erhöhten Stresslevel führen, während Stress gleichzeitig die Ursache für Schlafprobleme sein kann. Sport und Bewegung führen oft zu besserem Schlaf und reduzieren Stress. Wenn ich nach einem anstrengenden Arbeitstag in meine Laufschuhe schlüpfe und eine Runde jogge, fühle ich mich danach fast immer entspannter, leichter, konzentrierter und kann dabei wunderbar abschalten. Am besten ist es, sich in der Natur und bei Tageslicht zu bewegen, weil sich beides positiv auf unsere Gesundheit auswirkt. Eine Studie1 hat untersucht, wie sich Zeit in der Natur auf das Stresshormon Cortisol auswirkt. Die Teilnehmer verbrachten mindestens dreimal pro Woche mindestens 10 Minuten Zeit draußen an einem Ort, der ihnen das Gefühl gab, mit der Natur in Kontakt zu kommen, zum Beispiel ein Park. Sie konnten sich aussuchen, ob sie die Zeit mit Spazieren zubrachten oder sich auf eine Bank setzten. Die Studie zeigte, dass sich der Cortisolspiegel im Speichel dadurch reduzierte. Am effizientesten waren 20 bis 30 Minuten Aufenthalt in der Natur. Neben ausreichend Schlaf, Sport, Bewegung und Zeit in der Natur, die sich als generell hilfreiche Ruhepausen erwiesen haben, können Ruhepausen ganz individuell unterschiedlich ausfallen. Bei welchen Aktivitäten können Sie gut entspannen? Ein warmes Bad? Eine Tasse Tee auf dem Sofa, wenn die Kinder endlich im Bett sind? Ein Spaziergang mit dem Hund? Ein Gespräch mit einer Freundin? Zeit für Ihr Lieblings-Hobby? Musizieren? Singen? Gartenarbeit? Lesen?

Ruhepausen sind nicht nur an Aktivitäten geknüpft
Wo empfinden Sie Ruhe? Gibt es Orte in Ihrer Umgebung oder Ihrer Wohnung, wo Sie leichter entspannen können als an anderen Orten? In der Gegenwart welcher Menschen finden Sie eher Ruhe? Wann ist ein guter Zeitpunkt, um Ruhepausen zum Auftanken in Ihren Alltag zu integrieren? Vielleicht sind Sie ein Morgenmensch und genießen die kostbaren Minuten der Stille, bevor der Rest der Familie wach wird, vielleicht nutzen Sie Ihre Mittagspause auf der Arbeit für einen kurzen Spaziergang oder vielleicht sind Autofahrten mit einem Hörbuch oder Podcast entspannend für Sie? Eine wichtige Ruhepause in meiner Woche ist ein ganzer Ruhetag, den ich bewusst vom Alltagsstress freizuhalten versuche und stattdessen mit Erholung, Miteinander, Musik, Bewegung in der Natur und Gott verbringe. Wenn ich besonders gestresst bin und es mir schwerfällt, zu entspannen, reichen mir das Joggen, der Ruhetag und Zeit in der Natur manchmal aber schlicht und ergreifend nicht– da sind dann einfach zu viele Gedanken in meinem Kopf. Was mir persönlich in solch einem Fall dabei hilft, meinen Kopf leerer zu bekommen, ist, mir Zeit zum Sortieren zu nehmen und das, was in meinem Kopf vor sich geht, zu Papier zu bringen. Manchmal tue ich das in Form einer To-Do-Liste, manchmal schreibe ich Tagebuch und manchmal schreibe ich ein Gedicht. Hauptsache, ich kann das, was in mir vorgeht, nach außen bringen, da lässt es sich oft besser sortieren. Mein Kopf scheint dann zu verstehen, dass alles sicher auf Papier verwahrt ist und er somit aufhören kann, alles gleichzeitig griffbereit haben zu wollen.

Mini-Ruhepausen für zwischendurch oder nebenher
Leider kann ich während eines stressigen Arbeitstags nicht mal eben nebenbei joggen gehen. Entsprechend brauche ich kleine Mini-Ruhepausen, die ich mit ganz wenig Zeitaufwand einbauen kann. Manchmal schaffe ich es an solchen Tagen, mich für 5 Minuten auf einen der Patientenstühle zu setzen und eine Kurzgeschichte zu lesen. Selbst der Wechsel des Sitzplatzes weg von meinem Schreibtisch oder meinem normalen Stuhl hilft, um einen Perspektivwechsel zu vollziehen und kurz abzuschalten. Manchmal gibt es noch ein paar getrocknete Mango-Streifen als Selbstfürsorge-Snack dazu, manchmal mache ich mir Musik an und höre meine Lieblingslieder des Albums an, auf dem meine beste Freundin singt. Das geht auch nebenher. Wenn es gar nicht zu schaffen ist, eine Pause einzuschieben, hilft es mir, eine ruhige Aufgabe wie beispielsweise das Korrekturlesen eines Berichtes auf einem anderen Stuhl und mit Musik im Hintergrund oder gar draußen in der Sonne zu erledigen. Ein Patient schenkte mir vor einiger Zeit ein Türschild auf einer Schiefertafel mit meinem Namen und Bergen drauf. Wenn ich an einem hektischen Tag in mein Büro komme, das Schild kurz betrachte, an die nette Geste des Patienten und meine letzte Wanderung denke, lässt mich das meist ein Stückchen der inneren Ruhe empfinden, die ich in den Bergen verspüre. Ich möchte Sie ermutigen, Mini-Pausen in Ihren Alltag zu integrieren. Lächeln Sie sich im Spiegel kurz an, schauen Sie bei viel Bildschirmarbeit immer wieder ein paar Sekunden in die Ferne, um den Augen eine Pause zu gönnen, dehnen Sie kurz Nacken und Schulterbereich bei vielem Sitzen oder machen Sie eine Atemübung. Sie können zum Beispiel die Augen schließen (oder auch nicht), tief ein- und ausatmen und dabei Ihre Atemzüge zählen. Schauen Sie mal, wie weit Sie kommen! Immer, wenn Sie nicht mehr wissen, wo Sie gerade waren, fangen Sie wieder von vorne an. Wenn es Ihnen schwerfällt, an Mini-Ruhepausen zu denken, machen Sie sich kleine Erinnerungen: eine Notiz am Bildschirm, ein Foto, einen kleinen Gegenstand oder kleine rote Klebepunkte an verschiedenen Orten in Ihrer Wohnung, die Sie daran erinnern, kurz innezuhalten und achtsam in sich hineinzuspüren, was Sie gerade fühlen und brauchen.

«Ruhepausen-Fresser» identifizieren
Was raubt Ihnen innere Ruhe? Können Sie sich vor Ihren Ruhepausen-Fressern schützen? Vielleicht fressen Ihr Smartphone oder der Fernseher oft Ruhe oder gaukeln ein Gefühl von Pause vor, hinterlassen Sie aber ruheloser als zuvor? Sie könnten handyfreie Zeiten oder Zonen definieren. Mein Handy kommt zum Beispiel nicht ins Schlafzimmer, und Instagram und Facebook habe ich vor einiger Zeit deinstalliert. Einer meiner schlimmsten Ruhepausen-Fresser ist meine Tendenz, zu viel «Ja» und zu wenig «Nein» zu sagen. Aber ich arbeite daran, kenne meinen Feind und lerne immer mehr, mich vor ihm zu schützen und mein Muster zu durchbrechen, indem ich bei zu vielen Aufgaben oder zu viel Verantwortung auch mal «Nein» sage.

Lohnen sich Pausen?
Kennen Sie die Geschichte vom Holzfäller, der an seinem ersten Arbeitstag 18 Bäume fällte, an den folgenden Tagen aber immer weniger Bäume schaffte, obwohl er sich noch mehr anstrengte? Er hatte es versäumt, sich die Zeit zum Schärfen seiner Axt zu nehmen. Ruhepausen machen uns langfristig gesehen produktiver und außerdem geht es uns damit viel besser. Und nicht nur Sie selbst profitieren von Ruhepausen – auch Ihr Umfeld wird es bemerken, wenn Sie selbst mehr innere Ruhe haben.

Kurzgefasst
Jeder Mensch braucht Ruhepausen. Achten Sie auf ausreichend Schlaf, Bewegung, Zeit in der Natur und entspannende Aktivitäten. Bauen Sie Ruhepausen als feste Bestandteile in Ihr Leben ein. Finden Sie Ihre persönlichen Mini-Ruhepausen, die bei Ihnen gut funktionieren, wenig oder gar keine Zeit kosten und schnell und einfach möglichst überall einsetzbar sind. Werden Sie sich Ihrer Ruhepausen-Fresser bewusst und schützen Sie sich vor ihnen.

 

 

 

 

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