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Hätte, wenn und aber – Wie entscheiden wir?
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Prioritäten
Hätte, wenn und aber – Wie entscheiden wir?

Markus Witte
Unternehmer und Berater
Tübingen/Berlin, D

Die Entscheidungswerkstatt
Anna kam ins Seminar und sagte gleich in der Vorstellungsrunde, es sei ihr sehr schwer gefallen, sich zu entscheiden. Denn bewusste Entscheidungen zu treffen, sei nie ihre Stärke gewesen. Annas innere Logik sagte, es sei besser, wenn andere vorangehen, denn falls sie fallen, könne sie sich kurz vor dem Abgrund noch retten. So beschrieb Anna nach langem Hin und Her zwei Zettel mit «ja» und mit «nein» und zog das Los. Erst auf diese Weise begegneten wir uns. – Viele Unentschlossene würfeln oder ziehen das Los. Doch wie kann jemand behaupten, Anna sei unentschlossen? Es war doch ihr bewusster Entschluss, das Los zu ziehen. Wie können wir wissen, was das Beste für uns ist? Eigentlich weiß man dies doch immer erst im Nachhinein, oder?


Eine Formel gegen die Angst

Wie treffen wir Entscheidungen, die uns unseren Zielen näherbringen? Der Ökonom G.L.S. Shackle1 schrieb vor einem halben Jahrhundert: «Eine Entscheidung ist die Festlegung auf eine Handlung, deren potenzieller Nutzen ihren potenziellen Schaden in einem größeren Maß übertrifft als die der alternativ zur Verfügung stehenden Handlungsweisen.»
Vor einiger Zeit traf ich einen Coach in der Nähe von London. Er sagte mir aus seiner Erfahrung, viele hätten Angst, eine Entscheidung zu treffen, und sie hätten Angst, sich später einmal eingestehen zu müssen, etwas falsch entschieden zu haben. Dieses innere Schamgefühl wollen wir in jedem Fall vermeiden. Die «Ich bereue nichts»-Haltung ist weit verbreitet. Wir wollen stolz da­rauf sein, uns richtig entschieden zu haben.
Jeden Tag müssen wir Entscheidungen treffen – regelmäßig auch solche, die viel mehr Gewicht haben als nur die Teilnahme an einem Seminar. Wie können wir also im Alltag gute Entscheidungen fällen? Anna hätte gern eine Faustformel, einen festen Algorithmus gehabt, ein eindeutiges Handlungsverfahren, das in jeder Situation funktioniert.

Unsere Entscheidungskompetenz erhöhen
Zahlreiche alltägliche Entscheidungen treffen wir, ohne viel nachzudenken. Aber wenn komplexere Entscheidungen mit großer Tragweite vor uns liegen, die mit hoher Unsicherheit behaftet sind oder erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen – dann wollen wir sicher sein, kompetent gehandelt zu haben. Dazu müssen wir uns zunächst unterschiedlicher Ansätze bei der Entscheidungsfindung bewusst werden:

  1. Zufällige Entscheidungen treffen wir, wenn wir würfeln oder eine Münze werfen. Oder so wie bei Anna, wenn wir ein Los ziehen. Dann überlassen wir die Entscheidung dem sogenannten «Schicksal», also dem Zufall. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt, kann dabei mathematisch genau berechnet werden.
  2. Intuitive Entscheidungen stützen sich auf unser Bauchgefühl. Warum verlassen wir uns auf unser Gefühl? Weil wir häufig bei komplexeren Entscheidungen mit unserer Intuition gut gefahren sind. Doch inwieweit werden wir durch unser Gefühl getäuscht, wenn es um die objektiv beste Entscheidung geht? Warum verklären Menschen tendenziell die Vergangenheit und treffen so vielleicht nicht die optimale Entscheidung für die Zukunft? Psychologen haben dazu festgestellt, dass unsere Erinnerungen systematisch verzerrt sind. Das Ziel unseres menschlichen Handelns zielt auch darauf ab, positive Emotionen und nicht allein nüchterne und abstrakte Nutzenmaximierung zu erhalten. Reue ist unmodern geworden, weil man zugeben müsste, einen Fehler gemacht zu haben. Doch Reue ist für die Lösungskompetenz unserer Intuition wichtig. Nur wenn wir uns mit uns selbst auseinandersetzen, können wir unser Lernpotenzial aktivieren – um nicht den gleichen Fehler noch einmal zu begehen.
 

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